Freistuss Nr. 31: Eine Woche Lebensqualität
Warum es außerordentlich wichtig war, den Titel bereits am vorletzten Spieltag einzufahren, erklärte Uli Hoeneß noch am Sonnabend mit dem standesgemäßen Weißbierglas in der Hand. "Wir haben eine Woche Lebensqualität gewonnen und haben nun nicht mehr diese Anspannung. Wenn man die Titel eingefahren hat, kann man auch die Sau rauslassen und die Schleusen öffnen."
Das Wort des Bayern-Managers hat Gewicht. Schon im Mannschaftsbus zwischen Kaiserslautern und Köln trank sich der sonst so reservierte Modell-Asket Felix Magath ("Ich hatte mehr als einen zu viel.") pflichtbewusst aus dem Verkehr, noch bevor die bajuwarische Karawane auf den bestellten Rheindampfer weiterzog. Der Sultan hatte ganz offensichtlich Durst. Viva Bavaria!
Nun, da wir einen Eindruck davon haben, was man in München unter gewonnener Lebensqualität versteht, sollte man anmerken, dass es in dieser Rechnung natürlich auch einen Verlierer gibt – den Fußball-Fan. Dem nämlich wird durch die vorzeitige Entscheidung ein Stück Lebensqualität genommen. Das Titelrennen kommt abermals ohne das akribische Durchrechnen aller möglichen Tabellenkonstellationen aus. Ohne das gebannte Starren auf den Videotext, dessen etwas moderneren Bruder, den Live-Ticker, oder die Anzeigetafel im Stadion. Ohne Herzschlagfinale um die Schale.
Hätte sich darüber hinaus der Hamburger SV im Berliner Olympiastadion durchgesetzt – gegen nur zehn Hertha-Spieler war das ja durchaus möglich – und zeitgleich der VfL Wolfsburg in Stuttgart gesiegt – gegen egal-wie-viele VfB-Akteure ist das grundsätzlich möglich –, wäre der letzte Spieltag gar gänzlich ohne emotionsgeladene Entscheidung ausgekommen. Statt der großen UI-Cup-Konferenz beiwohnen zu müssen, wobei man vorzüglich darüber diskutieren kann, ob dessen Erreichen nun ein Mehr oder ein Weniger an Lebensqualität für Profis und Zuschauer darstellt, entschädigen uns am letzten Spieltag zwei echte Finalspiele. Das Nord-Derby um den direkten Champions-League-Einzug kann dabei jedoch nicht annähernd mit dem Abstiegsendspiel in Wolfsburg konkurrieren, bekommt der Verlierer der Begegnung in der AOL-Arena doch noch eine zweite Chance.
Anders im Tabellenkeller: Gewinnt der 1. FC Kaiserslautern nicht, steigt er ab und ist definitiv "Germany's next Zweitligist". Gewinnt er, trifft es Wolfsburg. (Ein Format, dass einfacher und brutaler kaum sein könnte, und somit auch wunderbar ins Abendprogramm eines jeden Privatsenders passen würde. Dort allerdings träten die Kombattanten nach Spielende noch vor eine Fachjury, ehe das Fernsehpublikum per Telefonabstimmung darüber befände, wer im Fußball-Oberhaus bleiben darf.)
Eineinhalb Stunden Nahkampf, bevor schließlich ein Verein "die Schleusen öffnen" darf. Aufregender kann ein Saison-Finale doch im Grunde kaum sein. Wen interessiert da noch, wie viel "Lebensqualität" Felix Magath und Co. in sich hineinschütten können?
(Christian Helms, sportal.de)
Das Wort des Bayern-Managers hat Gewicht. Schon im Mannschaftsbus zwischen Kaiserslautern und Köln trank sich der sonst so reservierte Modell-Asket Felix Magath ("Ich hatte mehr als einen zu viel.") pflichtbewusst aus dem Verkehr, noch bevor die bajuwarische Karawane auf den bestellten Rheindampfer weiterzog. Der Sultan hatte ganz offensichtlich Durst. Viva Bavaria!
Nun, da wir einen Eindruck davon haben, was man in München unter gewonnener Lebensqualität versteht, sollte man anmerken, dass es in dieser Rechnung natürlich auch einen Verlierer gibt – den Fußball-Fan. Dem nämlich wird durch die vorzeitige Entscheidung ein Stück Lebensqualität genommen. Das Titelrennen kommt abermals ohne das akribische Durchrechnen aller möglichen Tabellenkonstellationen aus. Ohne das gebannte Starren auf den Videotext, dessen etwas moderneren Bruder, den Live-Ticker, oder die Anzeigetafel im Stadion. Ohne Herzschlagfinale um die Schale.
Hätte sich darüber hinaus der Hamburger SV im Berliner Olympiastadion durchgesetzt – gegen nur zehn Hertha-Spieler war das ja durchaus möglich – und zeitgleich der VfL Wolfsburg in Stuttgart gesiegt – gegen egal-wie-viele VfB-Akteure ist das grundsätzlich möglich –, wäre der letzte Spieltag gar gänzlich ohne emotionsgeladene Entscheidung ausgekommen. Statt der großen UI-Cup-Konferenz beiwohnen zu müssen, wobei man vorzüglich darüber diskutieren kann, ob dessen Erreichen nun ein Mehr oder ein Weniger an Lebensqualität für Profis und Zuschauer darstellt, entschädigen uns am letzten Spieltag zwei echte Finalspiele. Das Nord-Derby um den direkten Champions-League-Einzug kann dabei jedoch nicht annähernd mit dem Abstiegsendspiel in Wolfsburg konkurrieren, bekommt der Verlierer der Begegnung in der AOL-Arena doch noch eine zweite Chance.
Anders im Tabellenkeller: Gewinnt der 1. FC Kaiserslautern nicht, steigt er ab und ist definitiv "Germany's next Zweitligist". Gewinnt er, trifft es Wolfsburg. (Ein Format, dass einfacher und brutaler kaum sein könnte, und somit auch wunderbar ins Abendprogramm eines jeden Privatsenders passen würde. Dort allerdings träten die Kombattanten nach Spielende noch vor eine Fachjury, ehe das Fernsehpublikum per Telefonabstimmung darüber befände, wer im Fußball-Oberhaus bleiben darf.)
Eineinhalb Stunden Nahkampf, bevor schließlich ein Verein "die Schleusen öffnen" darf. Aufregender kann ein Saison-Finale doch im Grunde kaum sein. Wen interessiert da noch, wie viel "Lebensqualität" Felix Magath und Co. in sich hineinschütten können?
(Christian Helms, sportal.de)
freistuss - 8. Mai, 10:00