Freistuss Nr. 4: Das Duell

Das große Fernsehduell lockte am Wochenende Millionen vor den Schirm, wirklich neue Erkenntnisse lieferte es allerdings nicht: Zähe 90 Minuten lang wurde dem interessierten Zuseher noch einmal veranschaulicht, was er doch ohnehin schon wusste.

"Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher. Andere Nationen sind uns meilenweit voraus." Der attackierte Amtsinhaber verwies dann wie gewohnt darauf, dass man mittlerweile wieder auf einem guten Weg sei, die notwendigen Reformen längst griffen und es überhaupt keinen Bedarf zu einem großen Personalwechsel gebe. Eine Antwort, mit der sich Moderator Johannes B. Kerner partout nicht zufrieden geben wollte.

Kerner? Ja, denn hier soll uns nicht das bizarre Schauspiel aus Berlin-Adlershof beschäftigen, in dem der Gerd und die Angie auf Knopfdruck Textbausteine aus ihren Wahlkampfveranstaltungen rezitierten, sondern das bittere Treiben von Bratislava. Keine drei Monate hat man sie also konservieren können, die Euphorie rund um die hoffnungsvolle Klinsmann-Auswahl, die beim Confederations Cup noch fleißig neue Sympathien gesammelt hatte. Das dauergrinsende Duo "Poldi und Schweini" hat auf den Titelseiten Platz gemacht für die hängenden Köpfe eines Christian Wörns oder Per Mertesacker.

Ein Abend mit der Nationalelf fühlt sich leider wieder so trist an wie in den letzten Tagen eines Rudi Völlers. Selbst "Klinsi", der kompromisslose Erneuerer aus Übersee, der kurzzeitig frischen Wind ins muffige Lager des DFB gebracht hatte, wirkte am Samstag im Zwiegespräch mit den Kritikern erstmals etwas kraftlos. "So ein Mist, so ein Käse! Ich kann den Scheißdreck nicht mehr hören", wird nun vielleicht der eine oder andere erbost ausrufen. Doch, ganz ehrlich, man musste am Samstag keine drei Weißbier getrunken haben, um zu sehen, dass die Aufbruchsstimmung zu kippen droht.

Der Respekt vor dem deutschen Fußball schrumpft von Monat zu Monat. "Für uns war das ein ganz normales Länderspiel. Wie gegen Liechtenstein", verhöhnte der slowakische Kapitän Miroslav Karhan nach dem Spiel den Gegner. Ja, und? Dafür sind wir bereits für die Endrunde qualifiziert, und wenn Ihr nicht aufpasst, zieht der Russe im letzten Moment noch an Euch vorbei. Und der VfL Wolfsburg hat nicht mal den UI-Cup überstanden. Jawohl!

Warum also haut Jürgen Klinsmann nicht ein wenig selbstbewusster auf die DFB-Pauke? Meinetwegen auch mit sprachlichen Anleihen aus der Politik. "Die gewaltigen Herausforderungen der Zukunft werden wir meistern. Stillstand hatten wir hier lange genug, Deutschland darf nicht mehr Schlusslicht in Europa sein! Wir wollen Fußball aus einem Guss! Vorfahrt für Abwehrarbeit! Das funktioniert in Skandinavien doch schließlich auch..."

(Christian Helms, sportal.de)

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