Montag, 6. Februar 2006

Freistuss Nr. 21: Das Zeug zum Außenseiter

Hätten die Fußballer Bayer Leverkusens am Samstag tatsächlich einen Punkt aus der Allianz-Arena entführt, wären die Begriffe "Überraschung" oder "Sensation" kaum angemessen gewesen. Die ARD hätte im Anschluss an die Tagesschau in einem halbstündigen Brennpunkt ("Das Wunder von München") über die heldenhaften Taten der Rheinländer berichtet. Über jenen denkwürdigen Tag, an dem ein Hauch von Spannung in die Bundesliga zurückkehrte. Und diese Einleitung wäre ohne Konjunktive ausgekommen.

Dass es nicht so kommen würde, war dabei im Grunde auch vor dem Spiel schon allen Beteiligten klar gewesen. "Wir sind, wenn überhaupt, nur Außenseiter", hatte Michael Skibbe in einem Fernseh-Interview dem aufmerksamen Zuschauer tiefe Einblicke in das Bayer-Selbstverständnis an diesem Samstag gewährt. Bei allem Respekt, was soll denn bitte eine Mannschaft sein, dessen Trainer sich nicht einmal sicher ist, ob man sich guten Gewissens als Außenseiter bezeichnen darf? Kanonenfutter? Schlachtvieh?!?

Selbst wenn das knappe Resultat den Leverkusenern am Ende eine wirklich respektable Leistung bescheinigte, darf Skibbes seltsamer Einschub als bemerkenswerter Beleg gelten, dass weite Teile der einstigen Konkurrenz ihr Schicksal als schmückendes Beiwerk akzeptiert haben.

Auch die letzten Verfolger haben mittlerweile eingesehen, dass man die Zuschauer allein mit der Aussicht eines spannenden Titelrennens nicht mehr ins Stadion locken können wird; in Bremen ließ man darum zunächst effektvoll den lustigen Brasilianer Naldo in seiner Paraderolle als Bajazzo der Werder-Defensive auftreten, um dann eine aufwändige Aufholjagd zu inszenieren. Die Hamburger mimten zeitgleich gegen die flinken Arminen eine hilflose Treter-Truppe, um dann spektakulär das eigene Publikum mit zwei eiskalt genutzten Gelegenheiten zu verzücken.

Mit echter Spannung hat das indes leider nur noch wenig zu tun. Immerhin, bereits am Dienstagabend muss der Branchenprimus erneut ran. Vielleicht stolpern Michael Ballack und seine Kollegen ja im Berliner Olympiastadion. Wenn es allerdings der Hertha – in Frankfurt nur Punktgewinner ob Rehmers Gnaden – nicht endlich einmal gelingen sollte, ihr volles Potenzial auszuschöpfen, hat auch sie nur das Zeug zum Außenseiter. Wenn überhaupt.

(Christian Helms, sportal.de)

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