Montag, 30. Januar 2006

Freistuss Nr. 20: Das Trainer-Karussell

Das viel zitierte Trainer-Karussell rotierte in der Hinrunde schneller als je zuvor, gleich acht Teams suchten sich in dieser Spielzeit bereits einen neuen Anleiter. Das beliebte Bild des Jahrmarktklassikers macht Sinn, ziehen am Beobachter doch tatsächlich wieder und wieder die gleichen Figuren vorbei. Beispielsweise Klaus Augenthaler, einst in Leverkusen, nun in Wolfsburg. Von Zeit zu Zeit erscheinen auf der Reitbahn allerdings auch gänzlich neue Gestalten – nach der Winterpause gleich drei auf einmal.

Kaum eine Attraktion animierte die Besucher des Rummelplatzes Bundesliga an diesem Wochenende zu einer solchen Vielzahl mittelprächtiger Wortspiele wie der neue Chefcoach des 1. FC Köln, Hanspeter Latour. Es liegt jedoch in der "Latour der Sache", dass der Schweizer nach der missglückten Premiere in Mainz moderate Töne anschlug. "Die zwei Auswärtstore stimmen mich eigentlich zufrieden, aber auf der anderen Seite des Platzes steht eben auch ein Tor", erklärte der Rapolder-Nachfolger noch einmal die "Latourgesetze" des Spiels und schaffte, was seinem defensivschwachen Personal erneut nicht gelungen war – er punktete. Dank seines Witzes, seiner Höflichkeit und der deutlichen Ansprache darf man den "Bergdoktor" schon jetzt als echten Gewinn für die Liga bezeichnen.

Mit Jürgen Kohler und Mirko Slomka verlebten zwei weitere Trainer ihren ersten Spieltag als hauptverantwortliche Betreuer einer Bundesliga-Mannschaft. Ersterer hätte dabei durchaus Anlass zu offener Freude gehabt, galoppierten die Duisburger Zebras doch in Stuttgart zum ersten Auswärtssieg der Saison. Doch Kohler wäre nicht der "Fußballgott", wüsste er nicht genau, dass dieser schmeichelhafte Erfolg zu großen Teilen den am Samstag erschreckend stumpfen VfB-Spitzen zu verdanken war.

Ähnlich unaufgeregt wirkte Mirko Slomka, der nach dem hausgemachten Chaos in Gelsenkirchen zum Chefcoach befördert worden war und bei seiner Auftaktaufgabe in Kaiserslautern deutlich mehr zu verlieren als zu gewinnen hatte. Die Zukunft des jungen Übungsleiters bleibt trotz des verdienten 2:0-Sieges ungewiss, zu sehr sehnt man sich auf Schalke nach mitreißendem Sport, nach begeisternden Fußballnächten, wie sie zuletzt vor Jahren mit Huub Stevens gefeiert wurden. Der kühle Auftritt auf dem eisigen Betzenberg trug hingegen noch immer gut lesbar die Handschrift Ralf Rangnicks. Punkten allein reicht auf Schalke nicht mehr – zumindest, solange Rudi Assauer nicht gänzlich entsorgt ist.

Ein vierter Neuling präsentierte sich überraschend in Leverkusen: Wo im Vorjahr noch der stets freundliche Michael Skibbe durch schwammige Statements unfreiwillig die Durchschnittlichkeit seines Clubs betonte, stand plötzlich ein zorniger Mann an der Seitenlinie. Verkniffen war sein Blick, präzise gestutzt seine Koteletten. "Evil Skibbe" polterte los, ging mit der eigenen Mannschaft nach dem 2:1 über die Frankfurter Eintracht so hart ins Gericht, wie man es im Siegesfall sonst nur Matthias Sammer zutrauen würde. Nun, den oft phlegmatischen Bayer-Kickern wird's gewiss nicht schaden.

Zu einem echten Klassiker auf dem Karussell entwickelt sich derweil Thomas Doll. Runde für Runde erscheint der Hamburger Coach, um mit breitem Mecklenburger Akzent zu verkünden: "Wir sind keine Bayern-Jäger." Neu ist allerdings, dass man ihm das am Samstag erstmals abnahm.

(Christian Helms, sportal.de)

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